Montag, 28. Februar 2011

The Heart's Speech



Gewonnen, jubelt Madame Miaulement.

Er hat den Oscar bekommen. Chapeau, Monsieur Colin Firth! Der britische Schauspieler hat die Trophäe als besten Hauptdarsteller erhalten. Im vierfach ausgezeichneten Film The King's Speech spielt der smarte Brite den stotternden König George VI..

Madame Miaulement ist schon hingerissen, noch bevor sie den Film gesehen hat. Sie hat den Schauspieler noch in guter Erinnerung in seiner Rolle als den Schriftsteller Jamie im Film  Love Actually . Oder als George Falconer in  A Single Man. Nicht zu vergessen ist auch seine Rolle als Marc Darcy in Bridget Jones's Diary . Dort spielt er den etwas verklemmten Anwalt, der Bridget zunächst mit einem Elchmotiv auf seinem Pullover verschreckt, später aber ihr Herz gewinnt.

Madames großes Herz aber hat Colin Firth schon lange gewonnen. Allerspätestens seit jener  Nacht, in der Madames Freundin, eine gewisse Madame CB, davon träumte, dass Madame Miaulement und Colin Firth ein Liebespaar seien.

Wie gesagt, das war nur ein Traum. Aber ist das das Entscheidende? Ist es nicht viel wichtiger, überhaupt noch träumen zu können als sich resigniert mit den Gegebenheiten abzufinden?

Mister Firth ist bereits vergeben an die schöne Italienerin Livia. Das sei ihm aus vollem Herzen gegönnt. Aber all das, was Madame Miaulement in dem Oscar-Preisträger sieht oder sehen will, umhüllt sie wie eine warme Decke in einer lausig kalten Winternacht. Es tröstet sie ein bisschen darüber hinweg, dass der letzte Mann in ihrem realen Leben alles andere war als ein humorvoller, einfühlsamer Gentleman à la Mister Firth. Der britische Schauspieler ist so etwas wie das Stück Schokolade inmitten einer trostlosen Wasser- und-Reisdiät. Außerdem glaubt Madame Miaulement fest an die Kraft der Träume.

Wisdom is to have dreams that are big enough you don't lose sight of them while pursuing them, hat Oscar Wilde einmal gesagt. Weisheit, das ist Träume zu haben, die groß genug sind, dass man sie nicht aus den Augen verliert, während man sie verfolgt. Colin Firth ist nicht Madame Miaulements großer Traum. Aber er hat etwas von einem Traummann. Und wer weiß, vielleicht begegnet sie eines Tages einem Mann, der ein Stückchen Colin Firth in sich trägt. Im echten Leben, hier und jetzt.

Samstag, 19. Februar 2011

Physalis oder der Beginn einer wunderbaren Freundschaft

Mesdames et messieurs, à table! Madame Miaulement bittet zu Tisch. Kommt alle vorbei. Ihre Physalis'sche Küche ist fast fertig. Es gibt Croissants, natürlich Physalis und den Kaffee kriegt sie auch noch hin.

Physalis

Heilige Bastet!

Es ist gerade einmal eine Woche her, dass Ihr Staatsoberhaupt zurückgetreten ist, und schon geht bei Madame Miaulement im fernen Abendland alles drunter und drüber.

Nicht, dass in Ihrem Land alles so bleiben sollte, wie es war. Madame ist tief beeindruckt von der geglückten Revolution Ihrer Landsleute. Trotzdem ist bei Madame Miaulement zeitgleich das Chaos ausgebrochen. In ihrem Apartment sieht es aus, als ob dort eine Bombe eingeschlagen ist. Auf dem Boden türmen sich Berge von Kleidung und Papier, der Mülleimer quillt über und das schmutzige Geschirr stalpelt sich seit Tagen im Spülbecken. Sie wissen ja, dass Madame Miaulement oft  alles auf sich bezieht.

Und dann noch die Liebe. Oder das, was von ihr übrig geblieben ist. Nämlich nichts. Rien ne va plus. Seit jenem historischen Tag in Ägypten ist auch ihre Amour Fou Geschichte. Wie innen, so außen - heißt es im Feng Shui.

Daher also das Chaos? Doch Madame Miaulement wäre nicht Madame Miaulement, wenn sie nicht das Licht am Ende des Tunnels erkennen könnte. Nach so vielen düsteren Stunden mit Monsieur Fou gehört endlich wieder Sonne in ihr Leben.

Alors. Madame behält ihre Contenance und arbeite sich von außen nach innen vor. Endlich die Wohnung renovieren, endlich die Küche streichen. In Gelb, Sommersonnengelb, Johanniskrautgelb. Diese Farbe ist das beste Anti-Depressivum mitten im Winter.

So zieht sie die Tür hinter dem Chaos und ihr zu und stiefelt in Richtung Baumarkt. Dort angekommen umkreist Madame mehrmals die potenziellen Objekte meiner Begierde. Sie streunt umher, entfernt sich wieder von allen Farbeimern. Sie verweilt hinter anderen Regalen. Sieht sich Leuchten im altbackenen Urgroßmutterstil an. Bewundert minutenlang einen Toilettendeckel, der sämtliche Strandkörner der Ostsee, Nordsee und der Cote D'Azur  in einem Plexiglas konserviert zu  haben scheint. Samt Seesternen und Muscheln versteht sich.

Dann kehrt sie  zu den Farbeimern zurück. Dort lässt sich Madame von dem Gelb mit dem schönsten Namen erobern. Physalis liest sie. Sie denkt an quietscheentchengelbes Johanniskraut und an das Land, wo die Zitronenbäume blühen. 

Am Abend ist sie so euphorisiert, dass sie erst einen kleinen Klecks auf die kahle Küchenwand malt. Doch peu à peu wird aus dem kleinen Klecks ein großer und schließlich breitet sich eine riesige Wolke Physalis auf der Küchenwand aus. Vor dem weißen Hintergrund sieht die gelbe Farbwolke wie ein großer Eidotter aus. Das wird noch heller, denkt Madame Miaulement optimistisch. Morgen früh, wenn alles getrocknet ist. Johanniskraut scheint auch ohne orale Einnahme zu wirken. Es reicht, einfach nur die Farbe auf sich wirken zu lassen. Arme Pharmaindustrie, sagt Madame leise zu sich selbst.

Am anderen Morgen aber ist das Gelb noch dottergelber geworden. Da fällt es Madame endlich wie Schuppen von Augen und Haaren. Physalis ist keine sonnengelbe Blume, sondern eine Frucht, eine Beere. Sie ist dunkelgelb, fast orange und wird auch Kapstachelbeere genannt.

C'est bon, flüstert Madame Miaulement. Manchmal führen die Wege eben woanders hin. Und das ist oft auch gut so.